Mittwoch, 16. Dezember 2009

Erdbeeren im Spätsommer

Grad hätte man glauben mögen, der Spätsommer neige sich auch hier seinem diesjährigen Ende zu, da sticht mir gestern die Sonne ins Gesicht und lässt die Temperatur auf schmeichelnde 30°C klettern. Gut für mich und die Kamelherden, schlecht für dringend auf Regen wartende Bauern. Kein neuer Interessenskonflikt. Inzw. sind wir übrigens in der Zeit der Erdbeeren angekommen, wie folgendes Foto, heut Abend am Calandia Checkpoint nach Ramallah bestätigt.

Leider ein eher entsetzlicher Fleck Erde, der mir heute zum ersten Mal in ernsthafterer Manier als das übliche Preisgefeilschgeflirte mit Obsthändlern und Taxifahrern meine frisch erarbeitete Arabischeloquenz abverlangt hat: Einer der üblichen kleinen arabischen Rotzlöffel begann behend sämtliche Scheiben unsres Autos (diesmal ein geradezu luxuriös und offensichtlich christlich ausgestatter Jetta der Franziskaner, der Custodia di Terra Santa, die offensichtliche Beherbergung des vornehmen und wohlhabenden europäischen Clerus') einzuseifen, sodass nämlich nicht nur wir nichts, sondern weit wichtiger er nicht unsren lautstarken Protest gegen sein Treiben sehen konnte. Der Ärger war wie erwartet groß und wurde immer größer, als er die Ernsthaftigkeit unsrer Zahlungsverweigerung erkannte. Nach anfänglichem Betteln ging er zu Drohungen über, dann zu Beleidigungen, dann alles durcheinander. Mangels Beachtung unsererseits holte er sich einen ernstzunehmenden Stein zu Hilfe, mit dem er mehrmals an meine Scheibe schlug und seine Wurfbereitschaft demonstrierte. Der Arme hatte sich bereits so in seine Aggression hineingesteigert, dass ein größeres Unglück unmittelbar bevorzustehen schien. Mangels genialeren Einfalls, ließ ich also irgendwann mein Fenster runter und brüllte ihm mit aller aufbringbaren Autorität und zu meinem eigenen Erstaunen auf Arabisch zu, er solle uns in Ruh' lassen, und zwar jetzt, sofort, ich sei Anwältin, er solle bloß vorsichtig sein, was er da tut, solle abhauen usw. Dafür kassierte ich ein "I fuck your sister and your mother" nebst Spucke ins Gesicht, war ihn allerdings tatsächlich losgeworden. D.h. 5 Minuten später (man hat Wartezeiten bis zu 1,5 Stunden im schönen Calandia!) kam er nochmal, um sich zu sozusagen entschuldigen.

Eine weitere Vorschau des Palästinenserstaates? Eine einfache Demonstration der völligen Nichtexistenz eines Verantwortungsgefühls für Öffentlichkeit und Allgemeinheit?

Hier zumindest einmal die buntbeleuchteten Erdbeeren:

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